Das Stadtarchiv Olpe
Geschichtliches Gedächtnis von Stadt und Land Olpe

Von Josef Wermert

Aus der Geschichte des Stadtarchivs Olpe
Die Anfänge des Stadtarchivs Olpe stehen sicherlich unmittelbar in Zusammenhang mit der Erhebung des Dorfes Olpe zur Stadt durch den Kölner Erzbischof Heinrich II., Graf von Virneburg. Denn das Diplom der Stadtrechtsverleihung vom 26. April des Jahres 1311 bedurfte ebenso einer sicheren Aufbewahrung wie alle hernach durch den städtischen Magistrat, seine Schreiber und Bediensteten sowie die landesherrlichen Beamten erlassenen oder ausgefertigten Urkunden und Schriftstücke. Ist auch das Original der Stadtrechtsurkunde verlorengegangen, so belegen dieses doch die noch heute im Archiv vorhandenen Privaturkunden seit 1361 und insbesondere die landesherrlichen Privilegienbestätigungen für die Stadt Olpe seit 1368.
Für eine gewisse Sorge um die städtischen Gerechtigkeiten spricht auch das seit dem Jahr 1528 nachweisbare Stadtbuch von Olpe, das nach dem Muster anderer Städte die Abschriften der wichtigsten städtischen Urkunden enthalten haben wird, im Jahre 1795 jedoch mit einem Großteil des Archivs dem Olper Stadtbrand zum Opfer gefallen ist.
Die erste Erwähnung des Stadtarchivs liegt allerdings erst aus dem Jahre 1665 vor. In der Stiftungsurkunde des Agatha-Gelübdes vom 5. Februar heißt es ausdrücklich, die hierüber ausgefertigte Urkunde solle ins Kirchenbuch und ins Stadtbuch niedergeschrieben und in einer Ausfertigung im „stadt archivio“ verwahrt werden, „uns und unsern nachkommen zu ewig. nachricht“.
Aufbewahrungsort des städtischen Archivs war sicherlich das wohl schon bald nach Gründung der Stadt und der Ausbildung der Magistratsverfassung erbaute, allerdings erst seit 1527 nachweisbare Rathaus. Zeitweise scheint auch der Turm der St.-Martinus-Kirche als städtisches Archiv benutzt worden zu sein, der damals ja zum Teil in städtischem Besitz war. In beiden Bauwerken, im Rathaus und im Kirchturm, im 18. Jahrhundert auch in den Stadttürmen, lassen sich zeitweilig Lagerungen von städtischen Archivalien nachweisen.
Das für die Archivgeschichte und für die Stadt Olpe insgesamt einschneidendste Ereignis war der Olper Stadtbrand vom 28. April 1795. Innerhalb einer Stunde wurde ein Großteil der Stadt – über 250 Häuser, darunter auch das Rathaus – ein Opfer der Flammen. Im Rathaus verbrannte damals auch der größte Teil des städtischen Archivs: Urkunden, Akten, Protokolle, die Stadtbücher u.a., Quellen, für die heutige Stadtgeschichtsschreibung von unbeschreiblichem Wert, gingen für immer verloren.
Doch nicht nur Unglücksfälle, sondern überhaupt jahrzehntelanges Desinteresse der Verwaltung und Bürgerschaft am historischen Erbe der Stadt führten bis weit ins 20. Jahrhundert hinein zu zusätzlichen, nicht unbedeutenden Archivverlusten. Ein Blick in die hierüber in den städtischen Akten vermerkten Umstände lassen den Archivar und Historiker von heute erschaudern. Angeführt seien nur die Aktenvernichtungen der Jahre 1885 und 1886, als mit Genehmigung des Staatsarchivs in Münster ca. 500 Akten der Papiermühle zugeführt wurden, die für die heutige Geschichtsforschung allesamt von größter Bedeutung gewesen wären. Über die vernichteten Akten liegen genaue Verzeichnisse vor, in denen sich z.B. die kompletten Bevölkerungslisten des 19. Jahrhunderts aufgeführt finden, Archivalien, die heute vor allem für die sozial- und familiengeschichtliche Forschung von unschätzbarem Wert wären.
Noch 1936 berichtete der ehemalige Bürgermeister von Olpe, Heinrich Sommerhoff, zum Verbleib „früher angeblich bei der Stadt vorhanden gewesener historischer Urkunden“: „… daß alle Urkunden aus alter Zeit, die ich s.Z. in Olpe übernommen habe, sich in der kleinen Truhe im Gewölbe der Stadtkasse befinden. Während meiner Amtszeit in Olpe kann daran nichts verloren gegangen sein. Es ist sehr zu beklagen, daß in früherer alter Zeit auf die Sammlung und Erhaltung alter und wertvoller Urkunden nicht der geringste Wert gelegt worden ist. Mir ist oft von Olper Bürgern gesagt worden, daß im Kellergeschoß des Rathauses sehr viele Akten mit wertvollen Urkunden offen und jedermann zugänglich herumgelegen hätten und daß Bürger davon hätten nehmen können, was ihnen zusagte. Die Schuljugend soll sogar damit, insbesondere mit Wachssiegeln, die in Holzkapseln an den Urkunden hingen, Handel getrieben haben. Damit erklärt sich wohl, daß aus eigenen Akten und Urkunden der Stadt sehr wenig über die Vergangenheit zu erfahren ist und daß sich manches sehr Wertvolle in der Hand einzelner Bürger befindet, das in das Stadtarchiv gehört.“
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg setzte allmählich ein wirkliches Umdenken und ein wachsendes Interesse an der historischen schriftlichen Überlieferung der Stadt ein. So wurden die erhaltenen Urkunden und Akten der Stadt und des Amtes Olpe 1947/48 im Auftrage der Stadt Olpe durch Archivrat Dr. Güthling erstmals fachgerecht verzeichnet und damit der Forschung zugänglich gemacht. Gleichwohl hat das Archiv auch schon vorher gelegentlich wissenschaftlicher Forschung zur Verfügung gestanden: Erinnert sei nur an die Benutzung städtischer Urkunden und Akten durch den Nestor westfälischer Geschichtsschreibung, Joh. Suibert Seibertz, in den Jahren 1829 bis 1833 und auch durch Hermann Forck für seine in städtischem Auftrag zum Stadtjubiläum 1911 verfaßte „Geschichte der Stadt Olpe in Form einer Chronik“.
Bereits im Jahr 1982 – Jahre vor Erlaß des Landesarchivgesetzes NRW von 1989 – hat die Stadt Olpe in weiser Voraussicht und im Bewußtsein um die Bedeutung eines Stadtarchivs erstmals einen Archivar angestellt. Herr Martin Vormberg hat in diesen Jahren bis zur Auflösung des damals mit der Gemeinde Kirchhundem geschlossenen Archivverbundes im Frühjahr 1989 einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau des heutigen Stadtarchivs geleistet. Seit November 1989 ist das Stadtarchiv Olpe hauptamtlich mit einem Historiker besetzt. Zum 1. Oktober 2000 wurde die personelle Situation durch die Festeinstellung von Frau Regina Lohmann verbessert, einer Museologin, die im Archivverbund ebenfalls die Archive in Drolshagen und Wenden betreut.
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Das Stadtarchiv Olpe – ein moderner Dienstleistungsbetrieb
In seinem Standardwerk „Einführung in die Archivkunde“ von Eckhart G. Franz heißt es über das in der Öffentlichkeit vielfach heute noch vorherrschende Bild von Archiv und Archivar: „Keine Frage beantwortet der Archivar so oft, wie die nach Art und Gegenstand seiner Arbeit, wie diejenige, was ein Archiv eigentlich sei. Man ordnet die Archive ohne klare Abgrenzung dem Bereich der Bibliotheken und Museen zu, und der Archivar selbst gilt als spitzweghafter Sonderling, der in verstaubten Gewölben mit spinnwebüberzogenen Folianten und uralten Pergamenten hantiert, um vergessene Geschehnisse aus ferner Vergangenheit ans Tageslicht zu ziehen.“ Hier ist zunächst anzumerken, daß die Quellengruppen der Pergamenturkunden und Folianten häufig nur einen geringen, wenngleich wertvollen Teil eines Stadtarchivs ausmachen. Außerdem haben die Tätigkeitsmerkmale eines Archivars von heute fast nichts mehr mit dem hier präsentierten Berufsbild gemein. Ein moderner Stadtarchivar ist heute eben nicht mehr nur der Verwahrer des in einer Verwaltung erwachsenen und rechtlich und für administrative Zwecke bedeutungsvollen und daher zu erhaltenden Verwaltungsschriftguts gemäß der ursprünglichen Bedeutung des Wortes Archiv – dieses geht bekanntlich auf das lateinische Wort „archivum“ zurück, welches sich wiederum über das griechische Wort „archeion“ aus dem Stammwort „arché“ ‚die Behörde, die Amtsstelle‘ ableitet. Neben den klassischen archivischen Aufgaben nimmt der Archivar heute vielmehr – ausgerüstet mit modernsten Medien – Aufgaben aus verschiedenen Bereichen kultureller Arbeit wahr, ist für Forschungen, für Öffentlichkeitsarbeit und historische Bildungsarbeit zuständig und fungiert damit quasi als Gedächtnis der jeweiligen Stadt und Region. Seine Dienststelle ist zugleich Beratungs-, Dokumentations- und Forschungsstelle zur Stadt- und Regionalgeschichte.
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Für die Arbeit des Stadtarchivs Olpe bildet seit dem 16. Mai 1989 das Landesarchivgesetz NRW die rechtliche Grundlage, das den Kommunen aufträgt, für ihr Archivgut in eigener Zuständigkeit Sorge zu tragen, indem sie es insbesondere verwahren, erhalten, erschließen und nutzbar machen. Umgesetzt sind diese rechtlichen Bestimmungen in der „Dienstanweisung für das Archiv der Stadt Olpe” vom 17. April 1998 und in der „Benutzungsordnung für das Archiv der Stadt Olpe” vom 2. Februar 2000. Die Dienstanweisung für das Stadtarchiv Olpe formuliert dem Archivgesetz entsprechend: „Das Archiv hat die Aufgabe, Dokumente zur Geschichte der Stadt und der Region Olpe zu sichern, zu übernehmen, zu verwahren, zu erschließen, zu erforschen, zu veröffentlichen oder sonst nutzbar zu machen und zur Wahrung der Rechte der Stadt beizutragen. Es soll die Dienststellen der Stadt durch Übernahme des für die laufenden Dienstgeschäfte nicht mehr benötigten Registraturguts entlasten …“

Die Aufgabenfelder gliedern sich zusammengefaßt folgendermaßen:
Archivische Tätigkeit
• Übernahme, Sichtung, Bewertung, Pflege und Verzeichnung von Registraturgut der Stadt Olpe und von    Archivalien/Archivbeständen aus Privatbesitz
• Betreuung des Zwischenarchivs

Wissenschaftliche Forschungstätigkeit

• Erfassung von Archivalien zur Stadtgeschichte in Staats-, Bistums-, Kommunal- und Privatarchiven etc.
• Erforschung und Darstellung der Stadt- und Regionalgeschichte
• Herausgabe von Publikationen zur Stadt- und Regionalgeschichte

Öffentlichkeitsarbeit und historische Bildungsarbeit

• Wissenschaftlicher Beratungsdienst, Betreuung der Archivbenutzer und Projekte Dritter
• Zusammenarbeit mit Einrichtungen und Gruppen des kulturellen, wissenschaftlichen, sozialen und schulischen Lebens (Schulen, Heimatvereinen und -bünden, überregionalen heimatkundlichen und regionalgeschichtlichen Organisationen, Instituten, öffentlichen Einrichtungen etc.)
• Heimat- und Brauchtumspflege
• Ausstellungen, Vortragsveranstaltungen, Archivführungen und sonstige Veranstaltungen

Ein eigentlich archivfremdes zusätzliches Aufgabenfeld ist in Olpe die wissenschaftliche Betreuung und der Ausbau der Museumssammlung

• Museumsplanung und -konzeption
• Bestandspflege, -verwaltung, -ergänzung, -erschließung, -erforschung
• Präsentation der Sammlungen
• Zusammenarbeit mit dem Förderverein Stadtmuseum Olpe e.V.

Das Stadtarchiv Olpe beinhaltet kurz zusammengefaßt folgende Archivaliengruppen: Pergamenturkunden seit 1361, Bücher seit 1478, Akten seit 1584, Landkarten seit dem 16. Jahrhundert, Stadtpläne seit 1795, Zeitungen seit 1840, Fotos seit 1875, Filme seit 1937 etc. (siehe Bestandsübersicht: www.archive.nrw.de). Bis auf geringe Einschränkungen sind die Archivalien jedem Interessenten im Rahmen der Benutzungsordnung zugänglich. Zur Zeit nutzen monatlich ca. 100 Kunden die Angebote des Stadtarchivs vor Ort.
Das Landesarchivgesetz von 1989 und auch die darauf zurückgehende Dienstanweisung für das Archiv der Stadt Olpe schreiben die Übernahme nicht nur von Verwaltungsschriftgut, sondern auch von nichtkommunalem Archivgut vor, soweit es für die Geschichte der Kommune bzw. Region von Bedeutung ist. Nach früheren, nicht unerheblichen Verlusten im Stadtarchiv haben die Bestände des „Historischen Archivs“ der Stadt Olpe in den letzten Jahren vor allem durch die Übernahme eigentlich verwaltungsfremder Archivalien (Vereinsarchive, Firmenarchive, stadtgeschichtliche Sammlungen, Nachlässe, Bildarchive etc.) eine erhebliche Bereicherung erfahren. Gerade dieses Sammelgut hat dazu beigetragen, daß mittlerweile herausragende Dokumentationen über Stadt und Region Olpe vorliegen, Olper Kulturgut erster Güte, das nicht nur für die Stadtgeschichtsforschung von größter Bedeutung ist, sondern auch für das städtische Wir-Gefühl und das bürgerliche Selbstverständnis. Denn: Was wäre eine so geschichtsträchtige Stadt wie Olpe ohne ein kompetentes geschichtliches Gedächtnis?
Das Stadtarchiv Olpe ist heute ein moderner Dienstleistungsbetrieb innerhalb der Stadtverwaltung, untergebracht seit 1991 mit Archivbüro, Bibliothek und Leseraum in ansprechenden Räumlichkeiten in der Begegnungsstätte Altes Lyzeum in Olpe und mit gut ausgestatteten Archivmagazinen daselbst und im Rathaus. Gefördert von Politik und Verwaltung ist in den letzten Jahren eine kompetente Dokumentations-, Informations-, Forschungs- und Bildungsstelle entstanden, die heutigen Anforderungen an ein Stadtarchiv Rechnung trägt. (siehe: www.olpe.de)